Die NÜRNBERGER Versicherung passt angesichts außergewöhnlicher Belastungen in der Schadenversicherung ihre Erwartungen für das Konzernjahresergebnis 2024 an. Finanzvorstand Jürgen Voss erklärt im Interview die Hintergründe.
Herr Voss, was ist der Grund für die Rücknahme der Ergebnisprognose?
Die Themen, die unser Ergebnis belasten, sind hartnäckig. Wir verzeichnen eine Häufung von Elementar- und Großschäden. In der Kfz-Versicherung explodieren zusätzlich die Kosten: Die Inflation hat die Ersatzteilkosten vervielfacht, die Stundensätze in den Werkstätten sind im gleichen Zug massiv gestiegen. Das trifft die gesamte Branche. Der GDV hat den Kfz-Versicherern bereits im April für dieses Jahr enorme Verluste prophezeit – trotz der zum Teil deutlich zweistelligen Prämienerhöhungen landauf, landab. Hier bedarf es eines noch aktiveren Umsteuerns.
Woher kommen die Schäden außerhalb der Kfz-Versicherung konkret?
Mehrere schwere Unwetterereignisse, vor allem im Juni in Süddeutschland, haben uns in der Gebäudeversicherung massiv getroffen. Allein aus Elementarereignissen sind uns in diesem Jahr insgesamt rund 27 Mio. EUR Schäden entstanden. Und schließlich hatten wir einzelne Großschäden, unter anderem mehrere Großbrände bei Autohäusern zu verbuchen. Unseren Kunden in Notsituationen beizustehen, ist unsere vornehmliche Aufgabe, und Schwankungen bei den Schäden gehören zum Geschäft. In der Personenversicherung und auch bei den Bankdienstleistungen verläuft das sehr erfolgreich und über unseren Erwartungen. Das kann die Summe der Belastungen aus der Schadenversicherung aber nicht ausgleichen.
Was tun Sie in der Schadenversicherung zur Verbesserung der Situation?
Wir steuern seit mehreren Monaten im Rahmen eines Profitabilitätsprogramms mit einem Bündel von Maßnahmen aktiv dagegen. Zunächst müssen wir unsere Risikoeinschätzung der aktuellen Trends verbessern. Dank Daten und KI-basierter Datenanalyse ist es möglich, zeitnaher und genauer zu prognostizieren und Entwicklungen schneller und konsequenter in die Preisfindung und Deckungsprüfung zu integrieren. Zum zweiten werden wir die durch Elementar- und Großschäden verursachte Volatilität unseres Ergebnisses reduzieren, sei es durch das Teilen von Risiken mit anderen Versicherern oder über Rückversicherung. Und schließlich trennen wir uns konsequent von nicht-profitablem Geschäft. Am Ende wird unsere verbesserte Risikoeinschätzung auch die Resilienz unserer Kunden stärken, weil sie passgenaueren Schutz für ihre individuelle Risiko-Situation bekommen.
Was heißt das für die diesjährige Ergebnisprognose?
Wie gesagt: die Themen sind hartnäckig, das heißt es braucht Zeit, bis die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, positive Wirkung in der Bilanz zeigen. Für dieses Jahr rechnen wir auf Konzernebene mit einem ausgeglichenen Ergebnis, zumal wir auch Rückstellungen für unser Effizienzprogramm "Fit für die Zukunft" zu berücksichtigen haben.
Welche Rolle spielt "Fit für die Zukunft" in diesem Zusammenhang?
"Fit für die Zukunft" haben wir vor einem Jahr unabhängig von den Entwicklungen in der Schadenversicherung gestartet, weil unsere Kostenquoten in allen Sparten zu hoch sind. Wir betreiben hier Prävention für unser Unternehmen, insbesondere für unsere Wettbewerbsfähigkeit, und werden bis 2026 75 Mio. EUR einsparen. Jeder Euro, den wir bei den Kosten sparen, ist in der Schadenversicherung ein entsprechend positiver Beitrag zum Jahresergebnis.
Welche Auswirkungen hat die Situation in der Schadenversicherung auf die Finanzstärke der NÜRNBERGER?
Unserer Finanzstärke tut das keinen Abbruch. Die Probleme kommen aus einer Sparte und sind dort klar adressiert. Unsere Solvenzquote ist weiterhin hervorragend und übertrifft das Geforderte bei Weitem. Da muss sich niemand Sorgen machen – weder die Kunden, noch die Mitarbeiter oder Aktionäre. Wir sind und bleiben verlässlich.